Kinder brauchen Eltern. Kinder brauchen beide Eltern!


Die psychosozialen Folgen des Vaterverlusts sind ein vergleichbares Trauma wie beim Verlust der Mutter.


Vaterlosigkeit führt zu:

Die Cochemer Praxis



Der Arbeitskreis-Trennung-Scheidung (AKTS) im Landkreis Cochem-Zell praktiziert eine neue Form der Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen, die am Trennungs- und Scheidungsprozess in üblicher Weise beteiligt sind. Sie bezeichnen diese vernetzte Arbeitsweise mit dem Ziel: "Eltern wieder die eigenständige Elternverantwortung für ihre Kinder zu ermöglichen" als das "Cochemer Modell" oder "Cochemer Praxis".

Offizielle Homepage des Arbeitskreis-Trennung-Scheidung im Landkreis Cochem-Zell: http://www.ak-cochem.de




Rede von Herbert Greipl zur "Cochemer Praxis" anlässlich einer Demo am 28. November 2008 in Freiburg im Breisgau. Herr Greipl befasst sich seit Jahren mit der Umsetzung des "Cochemer Modells" und hat in seiner Rede die wichtigsten Punkte zusammengefasst:


"Herr Richter Jürgen Rudolph vom Familiengericht in Cochem stellt mit seiner Cochemer Praxis das dauerhafte Wohl der Kinder in den Vordergrund.

Wenn ein Elternteil vor Gericht geht, sind Eltern und Kinder bereits belastet. Damit sich die Streitpositionen nicht weiter verhärten, terminiert Herr Rudolph sehr kurzfristig, innerhalb zwei Wochen.

Sein Ziel ist, dass BEIDE ELTERN IHRE KINDER DAUERHAFT SELBSTVERANTWORTLICH GEMEINSAM ERZIEHEN, auch wenn sie sich getrennt haben.

Während dieser zwei Wochen spricht ein/e Jugendamtsmitarbeiter/in mit beiden Eltern und versucht zu medieren. Lange Schriftsätze werden vermieden, statt dessen wird versucht, die Elternteile zu einer friedlichen Einigung im Sinne des oben genannten Zieles zu bringen.

In der Cochemer Praxis arbeiten die Rechtsanwälte, die Familienberatungsstelle, das Jugendamt und das Familiengericht zusammen, bei Bedarf auch ein Gutachter, ein Verfahrenspfleger und andere.

Der Richter duldet kein Verhalten, das geeignet ist, bestehende Konflikte zu festigen oder neue Konflikte zu erzeugen.
Aggressive Briefe von Rechtsanwälten weist er zurück, sodass die Anwälte keine Konfliktstrategien verfolgen können. Der Richter verlangt und wirkt selbst darauf hin, dass einvernehmliche Lösungen gefunden werden. In mehr als der Hälfte der Fälle schaffen die Eltern durch einwirken der Anwälte und Mediation des Jugendamtes und des Richters eine Einigung.

Wenn es zu dieser Einigung nicht kommt, werden die Eltern sofort nach der Verhandlung in die Beratungsstelle geschickt. Familien- oder Lebensberatungsstellen beraten und erarbeiten mit den (streitenden) Elternteilen eine einvernehmliche Lösung, die sie in die Lage bringt, ihre Kinder dauerhaft gemeinsam zu erziehen. Wenn es notwendig ist, werden auch weitere nahe stehende Personen (z.B. Großeltern) in die Beratung einbezogen.

In besonders schwierigen, hochstrittigen Fällen wird ein psychologischer Gutachter eingeschaltet. Er beantwortet nicht (wie üblich) die Frage, welches Elternteil das Sorgerecht bekommen soll, sondern er hilft, Konflikte zu schlichten und rät, was zu tun ist, damit beide Eltern wieder fähig werden, dauerhaft für die besten Interessen der Kinder miteinander zu kommunizieren, und sie ihre Kinder gemeinsam erziehen können.

Der Umgang mit den Kindern wird während des gesamten Verfahrens nicht ausgesetzt. Steht Gewalt in der Familie im Raum, so erfolgt betreuter Umgang, bis die Gewaltfrage gelöst ist. Wenn die Gefahr besteht, dass bei der Übergabe der Kinder Schwierigkeiten auftreten, kann eine betreute Übergabe erfolgen. Beim Umgang selbst ist dann das Kind mit dem Elternteil allein. Die Umgangsbetreuung soll so wenig wie möglich erfolgen, damit die Kinder das Elternteil nicht als gefährlich erleben, weil immer jemand dabei sein muss, der aufpasst. Psychologische Gutachter helfen Konflikte zu schlichten.

In besonderen Problemfällen betreuen Umgangsbegleiter den Umgang der Kinder mit den Elternteilen. Dabei beobachten sie laufend die Situation und geben, wenn notwendig, Ratschläge, damit der Umgang möglichst bald ohne Betreuung erfolgen kann.

Wenn sich ein Elternteil konstruktivem Vorgehen verweigert, beweist es mangelnde elterliche Verantwortung und riskiert den Entzug des Sorgerechts. Umgangsverweigerung oder Beeinflussung der Kinder gegen den Partner erkennt Richter Rudolph als eine Form der Kindesmisshandlung. Teilt die Beratungsstelle dem Gericht mit, dass eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde, die den besten Interessen der Kinder gerecht wird, spätestens aber nach drei Monaten, findet der nächste Gerichtstermin statt, bei dem die Eltern über den Verlauf der vergangenen Umgangstermine und die einvernehmliche Lösung ihrer zukünftigen Zusammenarbeit berichten.

In fast allen Fällen kann das Verfahren innerhalb sechs Monaten mit einer einvernehmlichen dauerhaften Lösung abgeschlossen werden. Der längste Prozess dauerte bei Richter Rudolph 18 Monate, bis die gewünschte einvernehmliche Lösung erreicht war.

Urteile musste er fast nie fällen. Ein Urteil öffnet den Weg durch die Instanzen (Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof und Europäischer Gerichtshof). Dieser Instanzenweg kann sechs Jähre und viel länger dauern, sodass die Kinder sechs und mehr Jahre praktisch ohne den anderen Elternteil aufwüchsen. Wenn die betroffenen Elternteile bis zum europäischen Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nach Strassburg gehen und dort Recht bekommen, so sind die Kinder trotzdem die Verlierer. Die Bundesrepublik Deutschland war in den letzten Jahren bereits mehrmals wegen Missachtung des Menschenrechts auf ein Familienleben zu Schmerzensgeld verurteilt worden.

Bemerkenswert ist, dass bei der Cochemer Praxis fast alle Fälle wirklich dauerhaft gelöst werden. Es gibt weder Sieger noch Verlierer. Gewinner sind alle, weil sie wieder vernünftig miteinander sprechen können. Den größten Gewinn haben die Kinder, weil sie kein Elternteil verlieren, und hat der Staat, weil die Kinder zu seelisch gesunden, leistungsfähigen Erwachsenen heranwachsen können.

Gewinner sind auch die Rechtsanwälte, weil sie für ihr Honorar kaum Schreibarbeit und keine unzufriedenen Klienten haben, die Justiz, weil praktisch keine Folgeverfahren kommen, die Mitarbeiter des Jugendamtes, weil sie anstatt Schreibarbeiten zu erledigen, dazu beitragen, dass den Kindern die Eltern erhalten bleiben und somit Erfolgserlebnisse verbuchen können und die Familienberater, die Gutachter und die Umgangsbetreuer, die die Früchte ihrer Arbeit erleben können.

Wesentlich bei der Cochemer Praxis ist, dass kein Elternteil gekränkt, beleidigt oder sonst heruntergesetzt wird und von Anfang an sehr schnell an der Aufarbeitung und Beseitigung der Zwistigkeiten gearbeitet wird. So finden die Eltern leichter zu einvernehmlicher Kommunikation zurück. Auch wird das gemeinsame Pflichtbewusstsein ihren Kindern gegenüber gestärkt.

Ich hatte die Möglichkeit, selbst mit Eltern und Großeltern zu sprechen, deren Fälle, einige schon vor zehn Jahren, von Herrn RiAG Rudolph nach der Cochemer Praxis gelöst wurden. Alle sprachen sich ausnahmslos positiv aus. Es waren teilweise sehr hochstrittige Fälle. Eine Großmutter sagte mir wörtlich: Es ist nicht auszudenken, was unsere Tochter noch getrieben hätte, wenn Richter Rudolph nicht gewesen wäre.“ Eine Sozialpädagogin vom Jugendamt äußerte sich, „Unsere Arbeit ist nicht mehr und nicht weniger geworden, aber wir gehen abends zufriedener nach Hause.“ Nach meinen Beobachtungen ist die Cochemer Praxis die einzige ihrer Art mit dieser tatsächlich so hohen Erfolgsquote. Die Cochemer Praxis ist ein sehr gut durchdachtes Konstrukt an Grundsätzen und Wirkungsweisen, die sich auf jeden einzelnen Fall speziell einstellen. Dieses und die positive Zusammenarbeit aller Professionen bringen den Erfolg. Ich habe Fälle, in denen mir berichtet wurde, dass man die Cochemer Praxis einführen wollte, sich aber nicht der erwartete Erfolg zeige, recherchiert. Alle diese Modelle waren nicht das Konstrukt der Cochemer Praxis. Die von mir beobachteten Abweichungen, die zum Scheitern führten, waren eine zu lange Frist bis zum ersten Termin, nicht genügende Übereinstimmung im Vorgehen der involvierten Professionen, teilweise Inkonsequenz und eine Fristsetzung, bis zu der die Fälle abgeschlossen wurden, ohne ausreichend auf die individuellen Gegebenheiten einzugehen.

Ich rate dringend, bei Einführung des Mediationsweges in Sorgerechts- und Umgangsverfahren, das Konstrukt der Cochemer Praxis zu übernehmen. Jede Änderung dieser Grundsätze stellt den Erfolg in Frage."

Herbert Greipl
94539 Grafling (Verantwortlich i.S.d.P)
Email: herbert.greipl@online.de

Nachdruck und Verbreitung erlaubt