Petitionsausschuss

Europäisches Parlament

 

 

Brüssel, Februar 2008

 

 

 

 

Ursula von der Leyen

Bundesministerin

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Alexanderstrasse 3

 

D-10178 Berlin

 

 

 

Sehr geehrte Frau Ministerin,

 

Der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments hat in den letzten 2 Jahren eine enorme Anzahl von Petitionen und Schreiben, die diese Petitionen unterstützen, bekommen und bekommt sie kontinuierlich weiter (über 200), in der Sache der angeblichen diskriminierenden Praktiken und parteiischen Entscheidungen, welche durch die Dienste der deutschen Jugendämter (Ämter zum Schutz der Jugend) vorgenommen werden.

Eine Petitionsgruppe betrifft die Diskriminierung hinsichtlich der Missachtung der Elternrechte durch die deutschen Behörden, in den Fällen der nichtdeutschen Elternteile  aus geschiedenen Mischehen, wenn es um ihr Recht auf Kontakte mit ihren Kindern geht. Die Petenten vertreten die Meinung, das Problem der Diskriminierung werde von der Seite der deutschen Jugendämter verursacht, welche den nichtdeutschen Eltern den Kontakt mit ihren Kindern erschweren oder gar unmöglich machen. Insbesondere kritisieren die Petenten die Situation, wo während ihres Umgangs mit ihren Kindern die Aufseher aus den Jugendämtern kontrollieren, ob die Eltern mit ihren Kindern auf jeden Fall Deutsch sprechen, und wenn ein Elternteil oder sein Kind eine für den Aufseher nicht verständliche Sprache benutzt, wird der Umgang unterbrochen.

Die nächste Petitionsgruppe betrifft die Fälle, wo die Kinder den Eltern durch die Jugendämter weggenommen werden aufgrund der angeblichen körperlichen bzw. psychischen Unfähigkeit der Eltern, die Verantwortung für die Kindererziehung zu übernehmen.

Die dritte und größte Petitionsgruppe betrifft unterschiedliche Praktiken der Jugendämter, wo die Petenten der Meinung sind, dass die Jugendämter permanent gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sowie die EU-Prinzipien der Achtung der Grundrechte und Kinderrechte verstoßen. Die Petenten bitten das Europäische Parlament um Intervention zwecks der Sicherstellung, dass die Jugendämter mit solchen Praktiken aufhören.

Der Petitionsausschuss diskutierte mehrmals mit den Autoren dieser Petitionen sowie mit den Vertretern der Europäischen Kommission und der deutschen Regierung. Am 22. März 2007 haben sich die Vertreter des Petitionsausschusses mit den Vertretern der deutschen Regierung, Herrn dr. Reinhard Wiesener aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und mit Herrn Andreas Hilliger aus dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg getroffen. Sie haben zugegeben, dass man gewisse Unzulänglichkeiten in einigen komplizierten individuellen Fällen nicht ausschließen kann, jedoch sind zurzeit die Lokalbehörden dabei, die Qualität der Ausbildung der Mitarbeiter zu erhöhen.

Während der Sitzung das Petitionsausschusses am 07. Juni 2007 hat in dieser Sache die deutsche Regierung ihre Stellungnahme dargelegt. Frau Gilla Schindler aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend argumentierte, das deutsche Familienrechtssystem achte die Kinderrechte und die Rechte ihrer Eltern, ohne dass sie hinsichtlich der nationalen Herkunft diskriminiert werden, gleichwohl merkte Frau Schindler an, in einigen von den Petenten geschilderten, speziellen Fällen sind von den Mitarbeitern der Jugendämter die Professionalitätsstandards nicht eingehalten worden.

Der Vertreter der Europäischen Kommission wies darauf hin, dieses sei ein kompliziertes Problem, welches mit dem Landesrecht des Mitgliedsstaates verbunden ist, jedoch Implikationen mit dem europäischen Recht beinhaltet. Er stimmte zu, dass derartige Jugendamtspraktiken das Resultat der diskriminierenden Einstellung eines Teiles der Jugendamtsmitarbeiter darstellen können.

Das in den Petitionen angesprochene Problem, also die Unterschiedlichkeit der individuellen Fälle, ihr emotionaler Gehalt, eine enorme Sensibilität im Kontext vieler persönlichen Dramen bereiten dem Petitionsausschuss Schwierigkeiten, eine eindeutige Empfehlung vorzubereiten.

Deswegen wurde im Kooperation mit Policy Departament [PE], - zu Ihrer Kenntnis eine Kopie des Dokuments in der Anlage – ein internes Dokument zum Thema der Achtung der Elternrechte in Deutschland vorbereitet.

Die Kinderrechte sind ein integrales Teil der europäischen Rechte des Art. 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, welche als Teil des Vertrags von Lissabon, verbindlich in Kraft tritt. Darüber hinaus ist einer der Hauptziele der Regelung Brüssel II, welche am 1. März 2005 in Kraft getreten ist, die Siecherstellung des Rechts eines Kindes, nach der Scheidung den Kontakt mit seinen beiden Eltern zu halten, auch wenn seine Eltern in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten wohnen.

Bezugnehmend auf die Antwort der Europäischen Kommission sowie die Stellungnahmen der Petenten, hat mich der Petitionsausschuss dazu bevollmächtigt, dass ich mich an Sie bezüglich der Klärung der Stellungnahme der deutschen Regierung in der o.g. Sache wende, welche eine enorme Zahl der Bürger der Europäischen Union anbetrifft, und bitte die von den Petitionsausschuss erhobenen Bedenken zu kommentieren.

Der Petitionsausschuss wird diese Angelegenheit überwachen. 

 

Hochachtungsvoll

 

/-/ Marcin Libicki