Nr. 40

Donnerstag, 04. Oktober 2007

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Widersprüche zwischen Gericht und Bistum

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 Was kann man Bischof Gerhard Ludwig Müller und Generalvikar Michael Fuchs noch glauben?

Foto: kh 

 

Halte dich ferne von einer Sache, bei der Lüge im Spiel ist”, heißt es im zweiten Buch Mose (23,7). Offenbar nimmt es der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller mit der Wahrheit nicht so genau: Er hat, um die Einsetzung eines verurteilten Sexualstraftäters als Priester in Riekofen bei Regensburg zu rechtfertigen, nach Wochenblatt-Recherchen die Unwahrheit gesagt.

Wie dem Wochenblatt jetzt bekannt wurde, handelt es sich bei dem vom Bistum immer wieder zur Rechtfertigung des Einsatzes von Pfarrer Peter K. in Riekofen zitierten „Fachgutachten” gar nicht um ein solches. Justizsprecher Dr. Andreas Quentin vom Oberlandesgericht Nürnberg legt auf diese Feststellung wert: „Wir sprechen nur dann von Gutachten, wenn ein vom Gericht bestellter Gutachter eingesetzt wird”. Das Bistum aber bezieht sich allenfalls auf eine Stellungnahme des Therapeuten von Pfarrer K.. Unwahr ist auch, anders als das Bistum stets behauptete, dass der Therapeut von Gerichts wegen bestellt wurde. Vielmehr hat ihn der Personalreferent des Bistums damals für Pfarrer K. ausgesucht – 2003, nach Ablauf der Bewährungsstrafe, hat dieser Therapeut eine siebenseitige Stellungnahme abgegeben, in der es heißt, K. habe keine pädophile Fixierung. Die Auflage des Gerichts lautete lediglich, den Therapeuten, der vom Bistum ausgesucht wurde, weiterhin aufzusuchen.

Wie dem Wochenblatt jetzt bekannt wurde, gab es aber auch von Seiten der Justiz einen Gutachter. Dieser ist ein Fachmann auf dem Gebiet der Forensik: Dr. Bernd Ottermann vom Bezirksklinikum Straubing. Auf Anfrage räumt Ottermann ein, im Jahre 2000 ein Gutachten im Fall K. angefertigt zu haben. Der Pfarrer hatte im Jahr 1999 zwei Buben in Viechtach sexuell missbraucht. Das Gutachten Ottermanns diente der Richterin am Amtsgericht Viechtach dazu, den Strafbefehl zu begründen – die Strafe lautete damals auf zwölf Monate, drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Ottermann will sich zu dem Gutachten nicht äußern, er sagt nur soviel: „Ich habe damals klar und deutlich gemacht, dass ein Einsatz in der Jugendseelsorge für Herrn K. auf keinen Fall mehr in Frage kommen darf”, so der Experte. Von diesem Gutachten hat bislang im Bistum noch keiner gesprochen, obwohl es sich hierbei tatsächlich um ein juristisch verwertbares Gutachten handelte. Gerichtssprecher Quentin sagt, auf dieses Gutachten fußte auch das Kontaktverbot für K.: „In der Bewährungsauflage heißt es, während der Dauer der Bewährungszeit ist es dem Verurteilten in keiner Weise gestattet, in der Jugendseelsorge und in der Jugendarbeit tätig zu werden”, so Quentin. Nach Ablauf der Bewährungszeit, kurz vor dem Einsatz in Riekofen fragte man in Viechtach nach. Quentin: „Man hat der Richterin, die den Strafbefehl erlassen hat, telefonisch die Frage gestellt, ob K. jetzt ewig in einem Altenheim arbeiten muss”.

Er arbeitete da noch in Sünching. „Kann er nicht wieder in die Seelsorge?”, habe man die Richterin 2004 gefragt. Die hat laut Quentin folgendes geantwortet: „Unter Aufsicht ist es denkbar, dass er wieder in einer Gemeinde tätig ist, aber eine Jugendarbeit darf dabei keinesfalls in Betracht kommen”. Das wäre auch folgerichtig, weil der Richterin ja das Gutachten Ottermanns vorlag. Das Bistum indes behauptet, die Richterin habe keine Bedenken gehabt. Zudem, so argumentiert das Bistum, hätte das Amtsgericht ja ansonsten ein weiteres Kontaktverbot mit Jugendlichen verhängt. Doch auch das ist nicht richtig.

Der Justizsprecher stellt klar: „Die Auflagen enden mit der Bewährungszeit. Danach hatte die Richterin keine Möglichkeit mehr, Maßnahmen zu verhängen”. In der Bewährungszeit bestand für K. aber ein Kontaktverbot mit Jugendlichen – rückfällig hat er in dieser Zeit also gar nicht werden können. Warum das Bistum Regensburg mit K. geradezu feinfühlig umgegangen ist, kann man angesichts der Personalführung von Bischof Gerhard Ludwig schwer nachvollziehen. So strafte er einst den Ruhestands-Pfarrer Siegfried Felber mit einer Rentenkürzung von 600 Euro, weil er eine Predigt auf einer ökomenischen Hochzeit gehalten hatte. Einen Kinderschänder rehabilitierte er dagegen.

Christian Eckl